Die Sicherheit liegt heute in Asien
Die europäische Schuldenkrise wirft weiterhin ihre Schatten über die Weltwirtschaft, und auch die noch schwache US-Wirtschaft ist ein weiterer Hemmschuh für die globale Stimmung. Auf der westli- chen Seite des Erdballs haben selbst die bonitätsstärksten Industrie- länder mit Herabstufungen zu kämpfen.
Noch bis zur Jahrtausendwende war das anders: Von 1970 bis 2000 folgte die Weltwirtschaft einem sehr stabilen Muster. Kurzzeitig auftauchende, wirtschaftliche Stresssituationen hatten vorübergehende und eher geringfügige Auswirkungen auf die Volkswirtschaften der G7-Staaten, also auf Deutschland, die USA, Japan, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Italien. Doch in den vergangenen zehn Jahren hat sich dieser Trend stark gewandelt und sich dementsprechend auch vieles mit Blick auf die Bonität geändert. Während die Staaten dort vor der Krise durchgängig ein Rating von A oder besser vorweisen konnten, fallen die Bonitätsnoten nun schwächer aus. Betrachtet man den Beitrag der einzelnen Länder zum globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), dann sind die G7 von etwa zwei Dritteln auf rund die Hälfte abgerutscht. Trotzdem sind asiatische Schwellenländer derzeit mit weniger als 3% in den globalen Indizes gewichtet. Ein klarer Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität.
Denn vor zehn Jahren wurden nur drei der zehn größten asiatischen Wirtschaften von Standard & Poor‘s (S&P) mit A oder höher bewertet. Heute sind es sechs von zehn. Hongkong und Singapur verfügen sogar über ein AAA-Rating. Es ist zudem bereits 20 Jahre her, dass asiatische Anleihen lediglich eine Randnotiz im Schwellenländeruniversum waren und somit bestenfalls als Ergänzung in einem globalen Anleihenportfolio dienen konnten. Das hat sich jedoch grundlegend geändert. Heute präsentieren sich asiatische Anleihen als angesehene Anlageklasse für internationale und regionale Anleger. Investoren sollten daher die langfristigen Merkmale dieser Anlageklasse im Fokus haben. Ein neuer Blick auf asiatische Anleihen könnte Anlegern helfen, die Relevanz von Indizes für die strategischen Asset-Allokationen zu hinterfragen. Interessant ist auch die attraktive Verzinsung.
In der vergangenen Dekade hat die asiatische Wirtschaft die Industrienationen um durchschnittlich 6% an BIP-Wachstum überholt, so dass die Region Asien ex Japan generell hohe Leistungsbilanzüberschüsse aufbauen konnte. Dadurch fungieren viele asiatische Länder mittlerweile als wichtige Kapitalexporteure für den Rest der Welt, und die so aufgebauten Devisenreserven wirken in den Zeiten eines exogenen Drucks gewissermaßen als Selbstversicherung. Dass die Marktvolatilität asiatischer Währungen zuletzt deutlich gesunken ist, überrascht nicht. Schließlich sind die politisch Verantwortlichen jetzt besser in der Lage unfreiwillige, durch externe Faktoren ausgelöste, Währungsschwankungen zu minimieren. Für Asien hat der weltwirtschaftliche Abschwung auch einen positiven Effekt, nämlich, dass der Anstieg der Nahrungsmittelpreise sich verlangsamt. Das käme vor allem China, Indien, Thailand und den Philippinen zugute. Der Inflationsdruck nimmt ab, wie die asiatischen Verbraucherpreisindizes zeigen. Das ermöglicht den Regierungen, sich auf das Wachstum zu konzentrieren. Mit weniger Inflationsdruck im Nacken kann die Geldpolitik zudem schnell reagieren, und auch die günstige Finanzlage ermöglicht eine flexible Fiskalpolitik. Während die Weltwirtschaft wegen der weiterhin ungewissen Lage mit Blick auf die Euroschuldenkrise mit einem starken Gegenwind zu kämpfen hat, sind die asiatischen Regierungen in einer sehr komfortablen Situation. Sie können einen expansiven finanzpolitischen Kurs einschlagen und die Märkte im Falle eines Finanzschocks spürbar mit Liquidität versorgen.